„Eine 3+, die aber noch ausbaufähig ist“

Seit einem Jahr ist Marion Lüttig Vorstandssprecherin des Stadtelternbeirats der städtischen Kindertageseinrichtungen. Die zweifache Mutter hat in dieser Zeit die Bemühungen um den Ausbau der Kinderbetreuung verfolgt. Wir haben mit ihr über die Ergebnisse des Bürgerbarometers gesprochen.

Frau Lüttig, Sie sind seit zwei Jahren Mannheimerin. Lässt es sich in der Stadt gut mit Kindern leben?

Marion  Lüttig: Ich würde sagen, es ist ganz in Ordnung. Es gibt viele Spielplätze, es gibt die große Veranstaltung im Luisenpark zum Weltkindertag, es gibt ein Ferienprogramm. Das sind alles Gründe, warum wir als Stadtelternbeirat sagen: Mannheim ist eine kinderfreundliche Stadt. Als Note wäre das vielleicht eine 3+, die aber noch ausbaufähig ist.

Was würde denn für eine bessere Note noch fehlen?

Lüttig: Zu verbessern wären etwa die Qualität der Spielplätze oder das Angebot an Verweilorten für Jugendliche. Dass viele Spielplätze zu bestimmten Zeiten von Jugendlichen benutzt werden, zeigt, dass ihnen Plätze fehlen.

In den vergangenen Jahren hat vor allem der Mangel an Betreuungsplätzen für Diskussionen gesorgt. Da hat die Stadt in letzter Zeit aber viel angestoßen.

Lüttig: Ja, da wurde sehr viel investiert. Man hätte aber früher anfangen können, die demografische Entwicklung ist ja nicht ganz plötzlich gekommen. Man sieht, dass manche Nachbarkommunen da schneller waren und das Angebot besser der Nachfrage angepasst haben.

Was fehlt denn beim Angebot?

Lüttig: Wenn man sich die formalen Anforderungen beim Krippenausbau anschaut, hat Mannheim das Soll übererfüllt. Die Bürgermeisterin ist da zurecht zufrieden, aber das reicht natürlich nicht. In Ballungszentren liegt die Nachfrage ja bei 70, 80 Prozent.

Könnte das der Grund dafür sein, dass 39 Prozent der Mannheimer die Auffassung vertreten, die Stadt unternehme nicht genug, um Betreuungsplätze zu schaffen?

Lüttig: Ja, ich glaube schon. Bei den Rechtsansprüchen reden wir ja immer nur von Regelplätzen. Die bieten aber keine Ganztagsbetreuung, und das entspricht nicht mehr der Lebenswelt vieler Familien. Was bringt mir ein Regelplatz, wenn ich bis vier, fünf Uhr arbeiten muss? Wir wissen, dass die Nachfrage nach Vollzeitplätzen überwältigend ist. Hinzu kommt, dass die Stadt vor allem im Krippen- und Kindergartenbereich den Ausbau massiv vorangetrieben hat. Im Hortbereich, also der nachschulischen Betreuung, haben wir aber noch eine Versorgungslücke. Auch das war aber abzusehen.

Kostenlose Kindergartenplätze wären sicher in Ihrem Sinne.

Lüttig: Natürlich. Das entlastet nicht nur die Familienkasse. Wenn wir alle Kinder erreichen wollen, halten wir das für sinnvoll. Wenn wir davon wegkommen wollen, dass Bildung abhängig ist von sozialer Herkunft, ist eine Beitragsfreiheit elementar wichtig.

Bleibt nur die Frage, wie das finanziert werden soll.

Lüttig: Wir glauben, dass das eine Frage der Prioritäten ist. Die Kinder sind unsere Zukunft und ohne gerechten Zugang zu Betreuungsangeboten funktioniert es nicht. fab